Bayerns Tierheime am Limit

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Aufgriff illegaler Tiertransporte erreicht durch Seuchengefahr neue Dimensionen

(Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbund Landesverband Bayern e. V.)

Das Notfallhandy des Bayerischen Landestierschutzverbandes klingelt seit Wochen mehrmals wöchentlich und zumeist an den Wochenenden, wenn dringend Tiere aus illegalen Tiertransporten in Quarantäne untergebracht werden müssen. Die Aufgriffe erfolgen längst nicht mehr im Grenzbereich, sondern auch auf Rastplätzen und bei Zufallskontrollen im Land.

Zwergspitze mit ParvoviroseDie Tiere, meist Hunde- und Katzenwelpen, werden viel zu früh ihren Müttern entrissen, sind dadurch und durch unsägliche Transportbedingungen traumatisiert, verfügen über keinen ausreichenden Impfschutz, sind bereits krank oder besonders anfällig für Krankheiten. „Es bedeutet unendliches Leid für die schutzlosen Tierkinder, die nichts dafür können, dass sie nur aus Geldgier produziert wurden, um skrupellos verschachert zuwerden. Es ist eine große emotionale Belastung für die Tierpflegerinnen und Tierpfleger, die rund um die Uhr kämpfen, dass die kleinen Leben erhalten werden. Nicht selten sterben die Tiere dann doch in den Tierheimen oder bei den Tierärzten buchstäblich unter den Fingern weg“, schildert Ilona Wojahn, Präsidentin des Bayerischen Landesverbandes des Deutschen Tierschutzbundes die Dramatik.

Neben dem Leid für die Tiere, kommt noch ein weiterer wichtiger Aspekt hinzu: Mit den illegal geschmuggelten Tieren können zum Teil tödlich verlaufende Krankheiten und auch Erreger eingeschleppt werden, die zu den Zoonosen gehören, also auf Menschen übergehen können. Parvovirose und Staupe sind beispielsweise Krankheiten, für die es einen guten Impfschutz gibt, wenn die Tiere rechtzeitig geimpft werden, was bei den Welpen aus illegalen Transporten selten der Fall ist. Mit Fassungslosigkeit wurde die Information über einen am Wochenende in Kiefersfelden gestoppten Transport mit 16 Hunden der Rasse Cane Corso aufgenommen. Cane Corso Hünndin nur drei Welpen überlebtenUnter den Tieren befand sich auch eine Mutterhündin mit sieben Welpen, welche erst vier Tage alt waren. Junghunde aus demgleichen Transport litten unter blutigen Durchfall und waren an Parvovirose erkrankt, fünf kämpfen noch immer in einer Tierklinik ums Überleben. Für vier der Neugeborenen und einen Junghund war es eine Reise in den Tod. Der Tod einer kleinen Havaneserhündin namens „Yellow“, die Mitte April aus Rumänien eingeschmuggelt wurde, ist genauso grausam und sinnlos wie der von zwei kleinen Zwergspitzen aus Bulgarien, die ebenfalls den Kampf gegen Parvovirose verloren. Einweiteres Tier ringt noch mit dem Tod.

ausgesetzter Welpe Tierärztliches Gesundheitszentrum TögingBesonders schrecklich ist das Schicksal des circa sieben bis acht Wochen alten Hundewelpen, der todkrank an einem Straßenrand zwischen Schnaitsee und Rosenheim gefundenen wurde. „Ein Tier in diesem Zustand sich selbst zu überlassen und sich aus der Verantwortung zu stehlen, ist einfach nur widerwärtig“, macht Wojahn deutlich. Zudem kann dies zu neuem Tierleid führen, wenn hoch ansteckende Erreger somit auch auf die Bestände bei Familien lebender Hunde und Katzen übergreifen und auf Wildtiere übergehen können.

Katzenbaby aus MoldawienAm Wochenende wurden in einem moldawischen Reisebus auf dem Weg nach Belgien auf einem Rastplatz 10 Katzenbabys und ein Beaglewelpe entdeckt. Alle Tiere sind unter acht Wochen alt, haben damit keinen Impfschutz und hätten nicht transportiert werden dürfen. Hinzu kommt, dass Moldawien kein EU-Mitglied ist und als nicht gelistetes Drittland gilt. Da in solchen Ländern noch Tollwut vorkommt, gelten besonders strenge Bestimmungen für die Einfuhr von Tieren in die EU. Sie müssen sieben Monate alt sein und der Tollwutimpfschutz durch ein anerkanntes Labor bestätigt werden. Für die Tiere aus diesem Transport bedeutet dies nun monatelange Quarantäne in einer für ihre Entwicklung sowichtigen Lebensphase. Der Transporteur erwähnte, dass er die Strecke fast jede Woche fahre.

3 von sieben Welpen leben nochBesonders tragisch war auch der Aufgriff von sieben Hundewelpen ohne Mutter aus Tschechien im Alter von nicht einmal 14 Tagen. Es stellt für das betreuende Tierheim einen immensen zusätzlichen Arbeitsaufwand und große psychische Belastung dar, diese Tiere rund um die Uhr zu versorgen, mit der Flasche aufzuziehen und hoffentlich durchzubringen.

Das sind nur einige besonders traurige Beispiele aus den letzten Tagen. Die Zahl der allein dem Landesverband bekannten, bisher im Jahr 2021 illegal in Bayern aufgegriffenen Tiere liegt bei etwa 400 und die Aufgriffe sind vermutlich nur die Spitze des Eisberges.

Haustierboom befeuert Welpenhandel

Die in Pandemiezeiten extrem gestiegene Nachfrage nach Tieren ist einer der Gründe für diese tragische Entwicklung zu Lasten der Tiere. Die bayerischen Tierschützer beobachten, dass es sich nicht mehr nur ausschließlich um profit-orientierte Händler und Vermehrerhandelt, sondern auch so manche Privatperson versucht ist, mit ein paar Schmuggeltieren schnell ein paar tausend Euro zu verdienen. „Ihnen allen ist das Schicksal der Tiere egal“, sagt Wojahn. „All die Appelle an Käufer und Interessenten, sich nicht nur die Anschaffung eines Haustieres gründlich zu überlegen, sondern auch keine Tiere aus dubiosen Quellen zu beziehen, sich nicht von niedlichen Fotos im Internet verführen zu lassen, scheinen kaum zum Erfolg zu führen. Die in den letzten Monaten zu beobachtende Preisentwicklung für Welpen ist nicht mehr normal.“ Wojahn befürchtet, dass weiterhin unzählige Tiere deshalb leiden müssen und dass den Tierheimen ein Abgabeboom bevorsteht, wenn sich deshalb leiden müssen und dass den Tierheimen ein Abgabeboom bevorsteht, wenn sich das Leben der Neu-Hundehalter wieder normalisiert und man feststellt, dass das neue Familienmitglied dann eigentlich nur stört. Wer wissentlich viel zu junge, nicht geimpfte Tiere aus dem Ausland bestellt und kauft, wird zum Mittäter im Verbrechen an den Lebewesen. Die nationale und EU-Politik ist dringender denn je gefragt, mit konkreten und schnell umsetzbaren Maßnahmen, illegaler Zucht und illegalem Tierhandel Einhalt zubieten. Statt ein geringes Bußgeld müssen die Verursacher viel härtere Strafen bekommen und es müssen gesetzliche Grundlagen geschaffen werden, dass Tiere aus illegalen Transporten sofort und endgültig eingezogen werden, so dass weder Händler, Transporteure noch Käufer eine Chance haben, diese Tiere wieder zurückzubekommen.

Fotos: © Deutscher Tierschutzbund, Landesverband Bayern e.V

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